05.03.2024

„Nach der Pandemie haben Studierende die Rückkehr in den normalen Studienalltag nicht geschafft“

Key Note von DSW-Präsidentin Prof. Dr. Beate A. Schücking auf den Fachtagen Beratung des Deutschen Studierendenwerks (DSW); Schücking: Stressempfinden von Studierenden seit Corona-Pandemie deutlich gestiegen; Stark erhöhte Nachfrage nach psychologischer Beratung der Studierendenwerke; Schücking bekräftigt Forderung nach zusätzlicher finanzieller Unterstützung der psychologischen Beratungsstellen der Studierendenwerke

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Prof. Dr. Beate Schücking, die Präsidentin des Deutschen Studierendenwerk (DSW), macht bei der DSW-Fachtagung Beratung in Berlin vor 130 Mitarbeitenden der psychologischen und sozialen Beratungsstellen der Studierendenwerke auf die anhaltenden Folgen aufmerksam, von denen die Beratungsarbeit seit der Coronapandemie betroffen ist.

So stieg laut Schücking das Stressempfinden bei Studierenden während der Pandemie stark an, was unter anderem in den Ergebnissen der 22. Sozialerhebung zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden aufgezeigt wird.

Stressauslösende Faktoren waren erhöhter Arbeitsaufwand durch die Online-Lehre, Wissens- und Kompetenzrückstände durch ausgefallene Veranstaltungen, Unzufriedenheit mit dem Online-Studium – insbesondere der Mangel an Austausch mit Kommiliton*innen und Lehrenden – gesteigerte Eigenverantwortung und Selbstorganisation, sowie der Verlust oder die Stundenreduzierung von Nebenjobs.

Neben dem Anstieg des Stressempfindens verstärkte die Corona-Pandemie die Symptome von Depressionen und Ängsten. 16 Prozent aller Studierenden gaben an, von mindestens einer gesundheitlichen Beeinträchtigung betroffen zu sein, wovon 65 Prozent psychische Erkrankungen sind. Der Anteil der Studierenden, die Antidepressiva verordnet bekamen, ist laut Gesundheitsreport der Techniker-Krankenkasse 2023 von 2019 bis 2022 um 30 Prozent gestiegen.

Die psychischen Belastungen, die während der Pandemiezeit entstanden sind, hinterlassen aber auch nach deren Ende weiterhin Spuren, wie Schücking erläutert:

„Verhaltensweisen, die unter den Bedingungen des Online-Studiums entstanden sind, enden nicht automatisch mit dem offiziell verkündeten Ende der Pandemie. Einige Studierende haben die Rückkehr in den normalen Studienalltag nicht geschafft. Oft ist die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, sowohl im Studium als auch bei der Erwerbsfähigkeit.

Diese Entwicklungen führen dazu, dass die Nachfrage nach psychologischer Beratung bei den Studierendenwerken bundesweit enorm gestiegen ist, was sich auch in drastisch längeren Wartezeiten für beratungsbedürftige Studierende äußert. Mussten etwa Betroffene beim Studentenwerk Schleswig-Holstein im Jahr 2019 zu Spitzenzeiten sechs Wochen auf eine Beratung warten, waren es 2020 zehn und 2021 mehr als 14 Wochen.

Allerdings konnten seitdem die Wartezeiten wieder deutlich reduziert werden, beim Studentenwerk Schleswig-Holstein warteten Studierende im Jahr 2022 erfreulicherweise nur ein bis drei Wochen auf ein Erstgespräch.“

Diese positive Entwicklung nach dem Ende der Pandemie ist Sonderprogrammen zum Ausbau des Corona-bedingten personellen Mehrbedarfs der psychologischen Beratungsstellen in einigen Bundesländern zu verdanken wie Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen und Schleswig-Holstein.

Dazu Schücking: „Angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage, welche die Studierende zunehmend belastet und zu wachsender Verunsicherung führt, appellieren wir an Bund und Länder langfristige finanzielle Ressourcen für die Psychologischen und Sozialen Beratungsstellen Studierendenwerken bereitzustellen. Konkret fordern wir zehn Millionen Euro Bund-Länder-Mittel über die kommenden vier Jahre.

Dies ist entscheidend, um die personellen Kapazitäten der Beratungsstellen der Studierendenwerke dauerhaft zu erweitern oder zumindest auf dem Niveau zu halten, das durch die vorübergehenden Sonderförderungen einiger Bundesländer ermöglicht wurde.“

Die Key Note von DSW-Präsidentin Schücking zum Nachlesen:

https://www.studierendenwerke.de/beitrag/beratung-im-wandel-aktuelle-entwicklungen-und-herausforderungen-fuer-die-arbeit-der-studierendenwerke-aus-sicht-des-deutschen-studierendenwerks