17.08.2021

Hochschulpolitik

Wahlprüfsteine Bundestagswahl 2021 - Ausführliche Antworten Grüne

Am 26. September wird ein neuer Bundestag gewählt. Wir wollten vorab von allen momentan im Parlament vertretenen Parteien wissen, wie ihre Positionen zu hochschulpolitischen Themen aussehen. Hier die Antworten der Grünen.

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1. Unterstützt Ihre Partei in der kommenden Legislaturperiode die Forderung der Studenten- und Studierendenwerke nach einem Bund/Länder-Hochschulsozialpakt in Höhe von 3,5 Milliarden Euro, auch zur pandemiebedingten Nachrüstung ihrer Wohnheime und Mensen?

Wenn ja, wie konkret?

 

Bund und Länder haben in den vergangenen Jahren erhebliche Summen investiert, um der hohen Nachfrage nach Studienplätzen gerecht zu werden. Studierende brauchen aber nicht nur einen Platz im Hörsaal oder Seminarraum, sondern auch gute Studienberatung, hervorragende Lehre, eine solide Studienfinanzierung, die zum Leben reicht, und nicht zuletzt ein bezahlbares Dach über dem Kopf. Wir GRÜNE wollen an Hochschulen eine nachhaltige, klimagerechte und barrierefreie Modernisierung ermöglichen. Zu einer zukunftsfesten Infrastruktur an den Hochschulen gehören moderne Bibliotheken, Lehr- und Lernräume, die klimafreundliche Sanierung von in die Jahre gekommenen Hochschulbauten sowie Nachhaltigkeit und Klimaschutz für Neubauten in der Wissenschaft. Gemeinsam mit den Ländern wollen wir darauf hinwirken, dass Studierende Zugang zu guten Beratungsdienstleistungen haben. Mit einer Offensive für studentisches Wohnen fördern und sichern wir günstigen Wohnraum für Studierende.

2. Welchen konkreten Reform- oder Veränderungsbedarf sehen Sie beim BAföG?

Studierende mit BAföG-Bezug sind selten geworden. Nur noch 11% werden gefördert, 89% nicht. Wir wollen, dass sich jede*r eine schulische Ausbildung oder ein Studium leisten kann, unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern. Dafür wollen wir GRÜNE einen Neustart beim BAföG, indem wir es zu einer Grundsicherung für alle Studierenden und Auszubildenden ausweiten. Diese soll in einem ersten Schritt aus einem Garantiebetrag und einem Bedarfszuschuss bestehen, der den Gesamtbetrag im Vergleich zum heutigen BAföG substanziell erhöht und dem Großteil des in Frage kommenden Personenkreises zugutekommt. Studierende oder Auszubildende bekommen den Betrag direkt überwiesen. Perspektivisch soll sie elternunabhängig gestaltet sein. Da nicht jeder Bildungsweg linear ist oder zum Teil berufsbegleitend verläuft, wollen wir die Bildungsfinanzierung noch stärker altersunabhängig konzipieren. Ein Schritt in diese Richtung ist die Einführung eines Weiterbildungs-BAföG. Menschen mit Behinderung erhalten weitergehende, unbürokratische Unterstützung.

 

3. Was sind Ihre Ziele in der Hochschulpolitik in den kommenden fünf Jahren?

Wir GRÜNE wollen die Weichen auf Bildungsgerechtigkeit stellen. Vordringlich ist ein Neustart des BAföG. Wir wollen eine Grundsicherung für Studierende und Auszubildende einführen, die sowohl alle Studierenden erreicht als auch einkommensarme besonders gut unterstützt. Hochschulen brauchen zusätzliche Mittel für gute Lehre (sowohl digital als auch in Präsenz) und starke soziale Infrastrukturen. Auch wollen wir Hochschulen per Förderprogramm dabei unterstützen, als Reallabore für nachhaltigen Wandel neue Lösungen für klima- und ressourcenschonende Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsweisen zu entwickeln. Wir GRÜNE wollen Deutschland als Wissensgesellschaft voranzubringen, beste Bedingungen für Bildung, Forschung und Innovation schaffen und die Vielfalt des Bildungs- und Wissenschaftssystems stärken. International sichtbare universitäre Spitzenforschung soll auch vermehrt den Studierenden zugutekommen, die Exzellenzstrategie wollen wir kooperativ weiterentwickeln. Mit den Ländern wollen wir den Zukunftsvertrag Studium und Lehre sowie den Pakt für Forschung und Innovation verstetigen und qualitativ voranbringen.

 

4. Wie sieht für Sie das deutsche Hochschulsystem aus, wenn die Coronavirus-Pandemie gut im Griff oder gar beendet ist?

Die Corona-Pandemie hat, wenn auch aus der Not heraus, dem digitalen Lernen einen neuen Schub gegeben. Nach Abflauen der Pandemie baut Studieren wieder auf Präsenz und Campusleben auf, zugleich werden neue Mischformen aus physischen und virtuellen Lehrveranstaltungen entstehen. Bund und Länder müssen ohnehin die Qualität der (digitalen) Lehre gemeinsam steigern. Darüber hinaus wollen wir GRÜNE über eine Digitalisierungspauschale die IT-Infrastruktur an Hochschulen stärken und die IT-Barrierefreiheit einfordern, Aus- und Weiterbildung der Lehrenden ausbauen und digitale Beratungs- und Betreuungsangebote für Studierende ausweiten. Alle Studierenden, die durch die Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, sollen im Rahmen einer Nothilfe über das BAföG Unterstützung erhalten.

 

5. Bund und Länder werben um ausländische Studierende; sie benötigen bezahlbaren Wohnraum und Betreuung. Was will Ihre Partei dafür tun?

An den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen bestehen vielfältige Willkommensinfrastrukturen, die es weiterzuentwickeln gilt. Für Beratungsangebote internationaler Forschender und Studierender bedarf es ausreichender Ressourcen, damit auch Hilfe für Themen jenseits des unmittelbaren Wissenschaftszusammenhangs geleistet werden kann – von aufenthaltsrechtlichen bis alltagspraktischen Fragen. Neben einem größeren Angebot von Deutschkursen muss Englisch als globale Wissenschaftssprache in den Lehrangeboten und der Verwaltung der Wissenschaftseinrichtungen hierzulande noch stärker gefördert werden. Mit einer Offensive für studentisches Wohnen fördern und sichern wir günstigen Wohnraum für inländische wie internationale Studierende. Vielfalt, Weltoffenheit und Willkommenskultur auf dem Campus zahlen sich aus: Wir wollen, dass ausländische Studierende zu Freund*innen, Botschafter*innen und erfolgreichen Absolvent*innen werden.